Freitag, September 23, 2005

Steueramnestie und Gleichheitsgebot

Pressemitteilung vom 23. Sept. 2005
Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Kapitaleinkünftenin den Jahren 2000 bis 2002
Vorlagebeschluss des 10. Senats vom 22. September 2005 – 10 K 1880/05

Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat Bedenken, ob die Besteuerung von Kapitaleinkünften für die Jahre 2000 bis 2002 mit dem Grundgesetz vereinbar ist und hat die Vorschrift des § 20 EStG in der für diese Jahre maßgeblichen Fassung durch Beschluss vom 22.9.2005 – 10 K 1880/05 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Der Kläger des Verfahrens hatte als steuerehrlicher Kapitalanleger Anstoß daran genommen, dass er seine Kapitaleinkünfte voll versteuern musste, während steuerunehrliche Kapitalanleger, die von dem im Dezember 2003 erlassenen „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit (Strafbefreiungserklärungsgesetz)“ Gebrauch machten, weniger Steuern auf ihre nacherklärten Einnahmen zahlen müssten.
Nach diesem Gesetz wird derjenige, der seine Zinsen in den fraglichen Jahren nicht erklärt und versteuert hatte und nunmehr offen legt und nacherklärt, steuerlich besser behandelt als der steuerehrliche Bürger. Denn von den nacherklärten Einnahmen werden nur noch 60 v. H. der Besteuerung unterworfen und auf diese 60 v. H. werden dann auch nur 25 bzw. 35 v. H. Steuern erhoben.
Der 10. Senat sieht hierin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die pauschale Minderung der Bemessungsgrundlage auf 40 v. H. und zusätzlich der geringere Steuersatz seien nicht gerechtfertigt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass steuerunehrliche Kapitalanleger typischerweise höhere Werbungskosten im Zusammenhang mit ihren Einkünften aus Kapitalvermögen hätten als Steuerehrliche. Denn die möglicherweise anfallenden Mehrkosten für die Transaktion des Kapitals auf schwarze Konten rechtfertigten keinen Abschlag von 40 v. H.
Darüber hinaus hält der 10. Senat die Versteuerung von Zinseinnahmen in den Jahren 2000 bis 2002 für mit dem Grundgesetz unvereinbar, weil die Besteuerung der Zinseinkünfte auch in diesen Jahren nach wie vor nicht gleichmäßig durchgesetzt werden könne und die Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt werde.
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Der Beschluss lautet:
Beschluss des 10. Senats vom 22.September 2005 – 10 K 1880/05
Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG ausgesetzt.
Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob
die Vorschrift des § 20 EStG in der für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2002 maßgeblichen Fassung mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, wie sie im Zusammenwirken mit den ergänzenden Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) steuerehrliche Steuerpflichtige einer höheren Steuer unterwirft als dies für Steuerunehrliche geschieht und
darüber, ob die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, weil die Durchsetzung des aus dem Bezug von Zinseinkünften erwachsenden Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt wird.